Seit vielen Jahren heißt es im Norden NRWs in den Sommermonaten "Greven an die Ems!". Familienfeste, Konzerte und mehr laden Grevener
und Besucher ein, die Emsauen zu besuchen. In diesem Rahmen veranstalten die Zaunreiter auch einen Mittelaltermarkt - in diesem Jahr vom 16.-17. Juli.
Es war überraschend viel los für das kleine Örtchen nördlich von Münster und für einen Mittelaltermarkt ohne Eintritt. Vor Ort gastierten nicht nur Gaukler und Musikkapellen, Händler und Lagerleute, sondern auch eine komplette Tjostgruppe mit Pferden.
Rund dreißig verschiedene Lager hatten ihre Zelte an der Ems aufgeschlagen, und noch einmal so viele Händler bereicherten das Bild. Hinzu kamen zahlreiche Stände, die für das leibliche Wohl der Besucher sorgten. Geboten wurde eine Feuershow, Bogenschießen, Mittelalterliches Tanzen, Kinderspiele und mehr. Mittendrin: Der "Beach", ein künstlich mit Sand aufgefülltes Areal inklusive Open-Air-Kneipe und Beachvolleyballfeldern; eine feste Grevener Einrichtung, an dem den ganzen Sommer gegessen und getrunken werden kann.
Das Wetter spielte mit, und so erschienen zahlreiche Besucher an beiden Tagen, die sich auf dem weitläufigen Gelände verstreuten. Leider hatte die Veranstaltung in großen Teilen mit Mittelalter im weitesten Sinne nichts gemein. Bei zahlreichen Lagergruppen lagerten neuzeitliche Gegenstände wie Küchenrolle, Werkzeug, Bierflaschen oder neongelbe Wolle selbstverständlich und gut sichtbar mit, anderes war völlig unzureichend kaschiert. Viele der Darsteller trugen handelsübliche Stoff- und Turnschuhe zu ihrer mittelalterlich anmutenden Kleidung oder gleich ein neumodisches Top zum historisch nachempfundenen Rock. Die Lagergruppen, die positiv auffielen, waren Darsteller einer römischen Kampfeinheit und schottische Renaissancedarsteller - und genau die hätten auf einem Mittelaltermarkt eigentlich nichts zu suchen. Einige Händler wachten über sehr liebevoll gestaltete Stände, doch die meisten hätten genau so auch auf jedem Stadtfest stehen können. Die Mittelalterband kam nicht ohne elektrischen Verstärker aus, und das Tjostfeld hatte man genau auf eines der beiden Beachvolleyballfelder gelegt, so dass die Pferde lediglich eine kurze Strecke durch Sand traben konnten und zwei hohe, handelsübliche Fangnetze jegliche mittelalterliche Stimmung im Keim erstickten.
Pseudo-Mittelalter zwischen Beton und Hochhäusern
Das Gelände erwies sich leider ebenfalls als ungünstig für diese Art der Veranstaltung. Auf der Seite an der Ems gab es zwischen zwei großen und stark befahrenen Betonbrücken keinen einzigen Baum, sodass Besucher und Lagernde von morgens bis abends den Launen des Wetters ausgesetzt waren. In den Randbereichen war die Wiese nur unzureichend gemäht. Ein ruhiges Plätzchen, um sich hinzusetzen und dem Treiben zuzusehen, suchte man vergeblich. Der Blick fiel bei weitgehend freier Sicht vielmehr auf die größeren Betonbauten in der Umgebung. Begab man sich auf die andere Seite des neumodisch gepflasterten Deiches, erwartete die Besucher zunächst ein Parkplatz, auf dem die ersten Händler ihre Zelte hatten aufschlagen müssen, bevor es auf einer Wiesenfläche weiterging. Die allerdings wurde durch Schilder, gepflasterte Wege und Metallzäune zerschnitten. Kein Chance für Ambiente oder die Illusion, man wäre tatsächlich in einer fremden Zeit.
Sicher ist es löblich, wenn eine so große Veranstaltung ohne Eintritt auskommt und es ist schön, wenn sie sich bei Lagervolk und Besuchern großer Beliebtheit erfreut. Als alternatives Stadtfest war dieser Markt ein gelungenes Event. Einen Weg ins Mittelalter, wie man es aus Museen und Büchern kennt, suchte man an diesem Wochenende in Greven an der Ems jedoch leider vergeblich.