Gute Geschichten gibt es viele. Einige davon werden im Folgenden kurz vorgestellt. Wir bemühen uns darum, grundsätzlich nur Neuerscheinungen aus Verlagen zu rezensieren - aber es gilt natürlich auch die berühmte Ausnahme von der Regel.
Die Idee, die Französische Revolution mit Vampiren zu kombinieren, ist mal eine interessante, n'est ce pas? Für diese historische Fantasy hat sich Autorin Genevive Cogman ("Die unsichtbare Bibliothek") aber nicht nach Frankreich, sondern nach England begeben. Im Jahr 1793 treffen wir dort auf das Dienstmädchen Eleanor, die ihren Dienst bei einer Vampirin versieht - eine in ihrer Welt ganz selbstverständliche Sache, leben doch Vampire schon seit Jahrhunderten Seite an Seite mit den Menschen. Die bluttrinkenden Wesen sind zumeist privilegierte Adelige, ihre Nahrungsaufnahme ist klar geregelt. Morden müssen sie dafür normalerweise nicht.
Doch die Revolution in Frankreich bringt die gesamte Adelswelt durcheinander, und mit ihr die Vampire in ihrer Gesellschaft. In diesen Tagen großer Unsicherheit unter allen Adeligen Europas wundert es nicht, dass Eleanors Dienstherrin sie bereitwillig ihren Freunden überlässt, als sie darum gebeten wird.
Die hysterische und von Schuldgefühlen geplagte Mila und ihr ruhiger Mann Ethan sind auf dem Weg zur Hochzeit von Milas Schwester Jess, als irgendwo in den verschneiten bayrischen Alpen der Mietwagen streikt. Auf der Suche nach Hilfe kommt das junge Ehepaar an einem Hinweisschild in Richtung eines Ortes namens Witwerberg vorbei, doch der Ort entpuppt sich nur als Ansammlung verlassener Blockhütten. Natürlich funktionieren weder Handy noch Navi noch GPS, und die beiden müssen schauen, wie sie die Nacht bei Minustemperaturen überleben - denn sie haben kaum Proviant und keine Ausrüstung für einen Survival-Trip dabei. Dann verstaucht sich Mila auch noch den Fuß. Ihnen gelingt es schließlich dennoch, in einer der Blockhütten Schutz zu suchen und ein Feuer zu entzünden. Müde schlafen beide ein - doch als Mila aufwacht, ist Ethan spurlos verschwunden. Wenn Mila beim Einschlafen noch dachte, es könne nicht mehr schlimmer kommen, beginnt nun ihr ganz persönlicher Horrortrip - und der hört auch dann nicht auf, als sie die Blockhütte wieder verlässt ...
Eine Obdachlose als Ermittlerin – kann das einen ganzen Thriller lang gutgehen, ohne unglaubwürdig zu wirken? Es kann, wie Jules Gray mit ihrem spannenden Debüt beweist.
Mitten im nasskalten Winter schickt die Autorin die ehemalige Journalistin Lou durch die Straßen einer deutschen Großstadt.
Dunkelheit, Hunger und Kälte spüren wir beim Lesen genau wie Lou, die zudem erfährt, dass in der letzten Zeit immer wieder obdachlose Frauen ermordet worden sind. Aber offenbar sieht niemand die Zusammenhänge zwischen den vielen Überdosen, die sich die Frauen gespritzt haben sollen und den merkwürdigen Strohblumen, die an den Tatorten zurückgelassen worden sind. Lous Situation spitzt sich zu, als ihr Camping-Zelt niedergebrannt wird und sich eine junge Frau an die Fersen der Einzelgängerin heftet. Ihr journalistisches Gespür lässt Lou vermuten, dass der oder die Täter ebenfalls in der Obdachlosen-Szene unterwegs sind – aber die Szene ist groß und Lou ganz alleine ...
Die Bestseller-Serie rund um die finnische Ermittlerin Jessica Niemi ist in die nächste Runde gegangen - und erneut zeigt Autor Max Seeck eindrucksvoll, warum er den Ruf eines Meisters des skandinavischen Thrillers besitzt.
Denn alles an diesem Buch ist genretypisch "Nordic Noir": Mit Jessica Niemi, die man übrigens nicht kennen muss, um der Handlung zu folgen, gibt es eine verzweifelte, problembehaftete und doch durch und durch liebenswerte Ermittlerin. Der Schauplatz, eine einsame Insel mitten im Winter, wird nur noch von einzelnen vorbeitreibenden Eisschollen in seiner Düsternis getoppt. Und der Fall dreht sich um ein jahrzehntealtes Geheimnis, das in der Gegenwart zu Morden führt.
"Es muss aufhören!" ruft ein junger Mann immer wieder in erstaunlich vielen unterschiedlichen Sprachen. Dabei steht er am Rand auf dem Dach eines Londoner Wolkenkratzers. Die örtlichen Sicherheitsbehörden finden schnell heraus, dass der offenbar geistig Verwirrte zur Codebrecher-Abteilung des GCHQ gehört, einer britischen Geheimdienstorganisation. Als deren Chef auf dem Dach eintrifft und den Mann zu beruhigen versucht, springt er in die Tiefe - und gleich darauf geht in ganz London das Licht aus.
Stehen die beiden Ereignisse in einem Zusammenhang? Vor der Öffentlichkeit zunächst verborgen beginnt man in der Geheimorganisation, nach Hintergründen zu forschen - und stößt auf eine beängstigende Möglichkeit, die die Welt für immer verändern könnte: Kann es sein, dass kein Verschlüsselungsverfahren mehr sicher ist?
Die Urban Fantasy des britischen Comedian McDonnell ist so erfrischend, witzig und skurril, dass ein einzelnes Buch einfach nicht ausreicht. Zum Glück hat der Autor aus "The Stranger Times" mittlerweile eine Trilogie gemacht. Der Inhalt: Die Looser in der Redaktion von "The Stranger Times", einer Zeitschrift, die sich mit Verschwörungsmythen aus aller Welt beschäftigt, bekommen es plötzlich mit wirklichen Monstern zu tun. Der Untertitel des ersten Bandes, "Was, wenn die wirklich seltsamen News die einzig wahren wären?", bringt es schön auf den Punkt.
Natürlich ist der "Oh mein Gott, XY existiert wirklich!"-Plot in der Urban Fantasy Einstiegsvoraussetzung und kommt daher wenig überraschend. Schön - und manchmal zum Brüllen komisch - sind allerdings die Reaktionen der einzelnen Redaktionsmitglieder auf das vermeintlich Unsterbliche und Übermächtige. Natürlich stellt sich heraus, dass auch die Redaktion nicht ganz so mundan ist wie eingangs vorgestellt. Aber vor allem ist das Team aufgrund der jahrelangen Arbeit für die Stranger Times ziemlich abgestumpft und nimmt wirklich nichts mehr richtig ernst ...
Wie wäre es mit einem klassisch britischem Whodunnit zum Fest? Das muss sich so oder ähnlich der deutsche Autor Christian Humberg gefragt haben, und seine Antwort auf diese Frage ist im Herbst bei Lübbe erschienen.
In "Mord kennt keine Feiertage" wird der clevere Inspektor Smart kurz vor Weihnachten auf eine Insel vor der Küste von Cornwall beordert. Zu spät merkt er, dass aufgrund von Sturm und Schnee jede Hoffnung auf eine rasche Rückkehr vergebens ist - dabei möchte er doch eigentlich nur zu seiner Mildred und mit ihr in aller Ruhe Weihnachten feiern. Ob das noch etwas wird?
Die Chancen auf friedliche Feiertage sinken immer mehr, als das Wetter nicht nur dafür sorgt, dass die Fähre zum Festland den Betrieb einstellt, sondern auch dafür, dass der Handyempfang ausfällt. Smart sitzt in einem alten Herrenhaus, samt Butler, Köchin und Hausmädchen, fest und mit ihm eine ganze Reihe illustrer Gäste.
Was tut ein frisch aus der Haft entlassener Krimineller Ende des 19. Jahrhunderts in Berlin? Natürlich - er sucht sich einen legalen Job. Denn sonst sitzt er ganz schnell wieder hinter Gittern, so will es die preußische Gesetzgebung. Selbstverständlich gar nicht so leicht für Lebemann und Dieb Felix Blom - zumal er auch noch diverse alte Rechnungen offen hat.
Aber der Reihe nach: Felix Blom ist ein Dieb, das kann er nicht leugnen. Er ist allerdings so gut, dass er noch nie erwischt worden ist. Doch dann stellt ihm jemand eine Falle, und er wandert für mehrere Jahre ins Kittchen. Nur mit Glück wird er in der strengen Isolationshaft nicht wahnsinnig. Doch er weiß bei seiner Entlassung, dass die Berliner Polizei gerade ihn besonders im Auge behalten wird, also darf er vorerst nicht mehr straffällig werden. Um die Auflagen der Haftentlassung zu erfüllen, muss er binnen weniger Tage eine geregelte Arbeit nachweisen - aber wo soll der junge Mann, der außer Stehlen nichts gelernt hat, die herbekommen?
Lust auf Urlaub, aber es ist noch keiner in Sicht? Entspannung, Unterhaltung und das einzigartige Flair der Kanalinseln bietet "Das Schweigen der Klippen", der zweite Band von Autorin Ellis Corbet rund um ein britisch-französisches Ermittlerduo, bestehend aus einer Inselpolizistin und einem Festland-Archäologen.
Der Mordfall greift zugleich ein aktuelles gesellschaftliches Thema auf: An der Küste der Kanalinsel Guernsey liegt liegt die Leiche einer alten Frau. Die Betreuer des Altenheims haben sie bereits vermisst, aber nicht so weit entfernt vermutet. Auf den ersten Blick sieht es für die herbeigerufene Polizei so aus, als wäre der Tod der dementen Odile ein Unfall gewesen; als hätte die verwirrte alte Dame tragischerweise an der Steilkünste den Halt verloren. Doch wie kam die Dame in ihrem Zustand vom Heim überhaupt dorthin? Und warum finden sich neben ihren noch weitere Fußspuren? Aber wer sollte Grund haben, einer dementen Dame Gewalt anzutun? Was kann eine verwirrte Frau sagen oder wissen, das nicht bekannt werden darf?
Immer Ärger mit den Multiversen ...
Rezension mit Leseprobe!
Immobilienmaklerin Madison May wird während einer Immobilienbesichtigung von einem potenziellen Kunden ermordet. Weil die Karriere der jungen Politikjournalistin Felicity Staples gerade nicht besonders gut läuft und ihr Kollege verhindert ist, fährt sie kurzerhand zum Schauplatz des Geschehens - und findet eine merkwürdige Botschaft an der Wand.
Der Fall beginnt sie zu interessieren, und sie stößt auf weitere Ungereimtheiten. Als sie einen Verdächtigen verfolgt, gerät sie schließlich in eine gefährliche Situation - nur um anschließend festzustellen, dass sie sich offenbar nicht mehr in der Welt befindet, in der sie sich vor wenigen Augenblicken noch befand. Alles ist mit einem Mal ähnlich, aber nicht gleich: Statt zwei lebt nur noch ein Kater in ihrer Wohnung, und ihr lethargischer Freund scheint gänzlich neue Hobbies entwickelt zu haben.
Noch vor einigen Jahren wäre ich nie auf die Idee gekommen, alte Bücher von mir einfach von vorne bis hinten noch mal zu lesen – ich kannte doch die Geschichte bereits! Dabei gibt es viele Bücher, gerade aus meiner Kindheit und Jugend, die ich damals sehr geliebt habe, und die auch heute noch Ehrenplätze in meinem Bücherregal einnehmen. Vielleicht, so dachte ich, taugten die alten Klassiker noch als Inspiration, ein Absatz daraus als Zitat oder ein Kapitel zum Wecken von Erinnerungen. Aber das ganze Werk nochmal lesen – nein, das kam für mich nicht in Betracht.
Lust auf einen rasanten Zeitreise-Trip? Willkommen im Paradox Hotel!
In einer nicht allzu fernen Zukunft ist es Wissenschaftler*innen gelungen, Zeitreisen möglich zu machen - und der amerikanischen Regierung, daraus Profit zu schlagen. Im weltweit einzigartigen Paradox Hotel dürfen alle, die es sich leisten können, einen Trip in die Vergangenheit buchen. Damit die (ultrareichen) Besuchenden aus der Zukunft in der Vergangenheit nichts kaputt machen oder den Zeitstrom beschädigen, wachen staatliche Zeitreise-Agenten über jeden Trip. Einige Jahre scheint alles glatt zu laufen, bis sich herausstellt, dass alle, die zu viele Zeitreise-Trips hinter sich haben, mehr und mehr geistig verfallen, bis sie schließlich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nicht mehr auseinanderhalten können. Schlussendlich werden sie zu Pflegefällen, die nicht mal mehr sprechen können. Ein solches Schicksal droht auch der ehemaligen Zeitreise-Agentin January Cole.
Im sechsten Fall für die Detektei Strike & Ellacott tauchen die beiden Londoner Privatdetektive in die Welt der Jugend- und Internetkultur ein, und das auf über 1.300 Seiten. Dicke Schmöker waren die Krimis von J.K. Rowling alias Robert Galbraith schon seit dem ersten Band, aber der neueste Streich setzt seitenmäßig noch mal eine Portion oben drauf. Wer Lust hat, richtig tief in Internet-Chats, Fandom und alternative Lebensentwürfe einzutauchen, der ist hier richtig. Wie auch schon in den Vorgängerbänden setzt Rowling weniger auf Spannung als auf das gründliche Ausleuchten einer toxischen Umgebung.
Während ich diese Rezension schreibe, sitze ich draußen. Der Tag könnte ein wunderbarer Sommertag sein, dabei haben wir noch nicht mal Mitte Mai. Das Frühjahr ist bereits jetzt erneut viel zu trocken.
Der ausbleibende Regen ist nur eines der vielen Zeichen, an denen wir erkennen, dass der Klimawandel leider kein Hirngespinst, sondern bittere Realität ist. Und, da sind sich alle Expert*innen einig: Es wird noch viel schlimmer kommen. Wäre es nicht schön, könnten wir "einmal kurz die Welt retten"?
Vielleicht klappt das ja noch. Das suggeriert zumindest der Titel der gleichnamigen Krimi-Sammlung. Moment mal - Krimis und Klimawandel? Wie geht das denn zusammen? Ganz prima, wie sich nach der Lektüre der unterhaltsamen, aber auch ernsten Geschichten herausstellt. Der Herausgeberin Jennifer B. Wind, der die Thematik ein Herzensanliegen ist, wie sie schreibt, gelingt es, dem Thema gleichermaßen eine eindringliche Warnung wie auch eine vergnügliche Lektüre erwachsen zu lassen. Grundlage sind 23 Geschichten unterschiedlicher Autorinnen und Autoren, die der Band versammelt.
"Das beste schwedische Thriller-Debüt des Jahres" steht auf dem Cover. Dabei ist das Jahr noch gar nicht so alt, man lehnt sich hier also weit aus dem Fenster. Aber die Bezeichnung passt, denn mehr Schwedenkrimi - oder Thriller, wie es auf dem Cover heißt - war selten: Düster, kalt, nordisch und ohne jede Hoffnung, so kommt das "Fuchsmädchen" daher.
Das Werk bietet Freunden des Genres ein stimmungsvolles Fest der Dunkelheit. Daher eine Warnung, die nicht unerwartet kommt: Wer ansonsten eher Dinge wie heitere Liebesromane liest, sollte von diesem Stoff besser die Finger lassen.
Denn heiter ist "Fuchsmädchen" so gar nicht. Im Gegenteil: Alles, aber wirklich alles in diesem Buch ist düster.
Die erste Reaktion auf diese Anthologie ist zumeist eine nachdenkliche: Moment - lautete der Titel nicht irgendwie anders?
Tut er. "In 80 Tagen um die Welt", das ist dieser Abenteuer-Klassiker von Jules Verne aus dem 19. Jahrhundert (zur Zeit übrigens in einer entstaubten Serien-Version mit Dr.-Who-Star David-Tennant und Musik von Hans Zimmer in der Mediathek der Öffentlich-Rechtlichen zu sehen. Aber das ist ein anderes Thema).
Im vorliegenden Buch geht es zwar auch um eine Reise, aber nicht um die der Protagonisten, sondern die in unserem Kopf. Und diese Reise führt uns ebenfalls einmal quer über den Globus - mithilfe von 18 Morden nämlich. Klingt makaber? Ist es nicht. Willkommen zu einem Urlaubstrip der etwas anderen Art!
Stell dir vor, du wachst eines Tages auf und weißt nicht, wo du bist. Du weißt auch nicht, wer du bist. Stattdessen stellt dir eine
Computerstimme eine absurde Frage: "Was ist zwei plus zwei?“ immer und immer wieder ...
Klingt gruselig? Dabei ist das nur der Anfang des neuesten Streiches von Andy Weir, dessen "Der Marsianer" Millionen begeisterte und der sehr erfolgreich verfilmt wurde.
Wer den Streifen mochte, wird auch "Der Astronaut" lieben, denn der lakonische Stil zieht sich ebenfalls durch das neue Buch. Um es mit den Worten von Weirs Protagonist zu sagen: "Es ist nie ein gutes Zeichen, wenn du mit einem Schlauch im Hintern aufwachst."
Natürlich ist der anfangs namenlose Prota nicht irgendwer, sondern der Held, der die Welt retten soll. Dumm nur, dass sein gesamtes Team bereits tot ist, und er nicht viele Optionen hat, um seinen eigenen Tod zu verhindern. Aber es gibt da ja noch die gute, alte Wissenschaft. Also stürzt sich Weirs Held in einen aussichtslosen Kampf ...
Jahrzehnte nach seinem Erfolg mit "Die Jury" knüpft John Grisham mit "Der Polizist" an die Ereignisse von damals an und lässt den engagierten Junganwalt Jake Brigance erneut in einem hoffnungslosen Fall antreten. Und erneut setzt Brigance damit nicht nur sein Leben, sondern auch das Leben seiner Familie und seinen Freunden auf's Spiel ...
Lust auf einen stimmungsvollen Urlaubskrimi? Dieser hielt spielt allerdings weder in der Bretagne noch in Italien, sondern einmal ganz wo anders: in der Gegend, die Menschen aus Nordrhein-Westfalen vermutlich alle zumindest von einem Kurztrip ans Meer kennen - in Zeeland.
Für einen deutschen Regiokrimi ist das neues Gebiet - und beim Lesen fragt man sich, wieso nicht schon längst jemand auf die Idee gekommen ist, dieses wunderschöne Fleckchen Erde zum Schauplatz einer Mordermittlung zu machen.
Für alle, die die Gegend rund um Domburg, Middelburg und Terneuzen noch nicht kennen, nur so viel: Die südwestlichste Ecke der Niederlande besteht aus mehren Inseln und Halbinseln. Das Festland grenzt an Belgien. Große Städte sucht man, im Gegensatz zur urbanen Landesmitte, hier vergeblich. In Zeeland gibt es kleine, gemütliche Orte, jede Menge deutsche Touristen und ganz viel Meer. Das Setting ist also schon ziemlich entspannt, aber das reichte Carla Capellmann offenbar noch nicht.
Ein Schmöker, der direkt in das Wien der vorletzten Jahrhundertwende entführt: In einer verlassenen Klavierfabrik wird ein Toter gefunden, auf einem Stuhl sitzend, getötet mit einem Kopfschuss – und mit Säure übergossen.
Das klingt ziemlich brutal, zumal vor dem Toten drei Stühle drapiert sind - ist er vor einem selbsternannten Tribunal gerichtet worden? Die Identifizierung und Spurensuche gestaltet sich mühsam. Inspektor Reinhardt ruft darum seinen Freund und Psychoanalytiker Max Liebermann zu Hilfe. Ihre Ermittlungen führen die beiden Männer schließlich in gefährliche Anarchistenkreise.
Beim Lesen taucht man ab in eine Gesellschaft, ja in eine ganze Welt, die so schon lange nicht mehr existiert, aber durchaus Parallelen zu heutigen Terroranschlägen und Fanatismus aufweist. Dabei entwirft Frank Tallis ein so detailreiches Bild der Weltmetropole Wien, dass es schwerfällt, den Autor als Engländer und NIcht-Deutschen-Muttersprachler wahrzunehmen.
Wer einen richtigen Sommerschmöker sucht, ist mit diesem Titel gut bedient: "Die Tochter des Uhrmachers" verbindet verschiedene Generationen, Zeiten und Orte in nahezu epischer Breite, ohne langweilig zu werden.
Die Geschichte beginnt 1892 in einem Sommerhaus namens Birchwood Manor. Die namenlose Ich-Erzählerin berichtet von Künstlerinnen und Künstlern, die dort einen Sommer verbracht haben sollen. Am Ende der gemeinsamen Zeit scheint etwas Schreckliches passiert zu sein, und nun ist sie als einzige noch vor Ort.
Unschuldig im Todestrakt - was man sich in Deutschland kaum vorstellen mag, ist in den USA bittere Realität. Hier werden nicht nur Staatsgefängnisse privatisiert und damit auf Profit ausgelegt, sondern aufgrund von Habgier, Rassismus, Korruption und Machtstreben auch Menschen, die eigentlich gar nichts getan haben, von ahnungslosen Jurys verurteilt. John Grisham beleuchtet mit "Die Wächter" das System hinter den Verurteilungen.
"Die Nacht war finsterdunkel. Ja, das genau war das richtige Wort, denn finster und dunkel allein hätten für die tiefe Schwärze, die den Himmel färbte, nicht ausgereicht. So finsterdunkel war die Nacht, dass selbst das Licht der Straßenlaternen zu sterben schien, noch ehe es die gläsernen Leuchtkörper verlassen hatte."
So beginnt die Novelle "Das Nebelmädchen von Mirrors End", und so wie der Anfang von der Dunkelheit erzählt, so kommen in der grafischen Gestaltung des Art Skript Phantastik Verlages auch die Worte nur zögerlich aus einem dunkel gefärbten Kapitelanfang hervor, bevor die Seite schließlich zu einer gewöhnlichen weißen Seite wird. Das ist eine mutige, aber sehr gelungene grafische Untermalung des Hauptthemas der Geschichte: Die Dunkelheit.
Der gelernte Rechtsanwalt John Grisham ist seit Jahrzehnten eine feste Größe im Thrillergenre. Begeisterte „Das Original“ mit einer unkonventionellen Kriminalerzählung in ruhigerer Erzählweise, geht es im neuen Buch vom Altmeister jedoch um etwas ganz anderes. Auch darum eignet sich „Das Bekenntnis“ wunderbar als Schmöker an langen Winterabenden.
Die neueste Steampunk-Anthologie des Art Skript Phantastik Verlages führt hoch hinaus - und das ist nur konsequent. Denn neben dampfbetriebenen Gerätschaften auf dem Boden und im Wasser ist wohl keine technische Erfindung so mit dem Genre des Steampunk verknüpft wie das Luftschiff. Stoff genug für zahlreiche Abenteuer bietet das Setting allemal. Und so liegen mit "Aeronautica" alle richtig, denen es nach Action, Komik und Dramatik in Steampunkmanier gelüstet. Aber auch jene, die einfach nur Lust auf gute Unterhaltung oder eine spannende Ferienlektüre haben, können hier zugreifen.
Der Autor Marc Elsberg ist durch seine dystopischen Thriller ein Begriff. "Blackout" hat auf kongeniale Weise die Folgen einer Attacke auf die europäische Stromversorgung nachgezeichnet. In "Zero" beschäftigte er sich mit Big Data, und "Helix" lieferte Stoff zum Nachdenken rund um die Genomforschung. Elsberg beschäftigt sich auch in seinem neuesten Werk mit einem aktuellen Phänomen: Dem Kapitalismus der westlichen Welt.
Nathaniel ist seit einer Familientragödie, bei der er sein Augenlicht verlor, blind und einsam. Um ein farblich passendes Hemd auszuwählen, lässt er sich von der App „Be my Eyes“ mit einem per Zufallsgenerator ausgewählten sehenden Menschen verbinden, der diese Aufgabe für ihn übernehmen soll. Die beiden Gesprächspartner wechseln am Telefon einige freundliche Worte, Nathaniel erfährt, dass sein Gegenüber Carole heißt – und dann ertönt plötzlich ein markerschütternder Schrei. Er hört noch einen dumpfen Aufprall, dann ist die Leitung tot.
Nathaniel ist sich sicher: Carole ist etwas zugestoßen! Aber niemand glaubt ihm ...
Eine schaurige Geschichte, die sich durch die Zeit zieht. Ein geheimnisvolles Internat. Eine junge, ambitionierte Journalistin auf der Suche nach einer Herausforderung. Jeder Schritt kann der letzte sein ...
Es heißt immer, große Verlage würden nur eindeutige Genreliteratur verlegen. Hier ist der Gegenbeweis: „Die Frau in Schwarz“ ist Geistergeschichte, Entwicklungsroman, Thriller und Familiendrama in einem. Trotz der vielen angeschnittenen Themen ist das Werk leicht zu lesen, nachvollziehbar und spannend bis zur letzten Seite.
Nach den erfolgreichen Vorgängerbänden "Die Schatten von Edinburgh" und "Der Fluch von Pendle Hill" ist "Die Todesfee der Grindlay Street" der dritte Fall für das ungleiche viktorianische Ermittlerduo Frey und McGray, das Ende des 19. Jahrhunderts in Edinburgh ermittelt. Witzig, skurril und mysteriös sei der Band, so hieß es vorab. Leider trifft all das höchstens teilweise zu.
Hank Green, amerikanischer Youtube-Star und Bruder des Autors John Green, hat ein Buch geschrieben. Wenig überraschend handelt es vom Berühmtwerden in sozialen Netzwerken. Aber nein, es ist kein Sachbuch!
„Ein wirklich erstaunliches Ding“ erzählt die Geschichte der 23-jährigen April, die sich selbst für völlig durchscnittlich hält und eines nachts in New York auf ein originelles Kunstwerk stößt. Schnell ruft sie ihren Kumpel an, der einen semi-erfolgreichen Youtube-Channel betreibt, und sie drehen zusammen ein kleines Video über das „wirklich erstaunliche Ding“.
1986, dem Jahr, in dem die Handlung von "Uns gehört die Nacht" einsetzt, war ich vier Jahre alt. Meine Erinnerungen an die Zeit sind verschwommen, es gibt Farben und Formen und Sprachfetzen, aber kaum etwas Wirkliches.
Eine phantastische Kurzgeschichtensammlung mit einem bezaubernden Cover - das sieht interessant aus. Schon nach der ersten Geschichte wird klar: Das sieht nicht nur gut aus, dieses Werk liest sich auch gut. Also einfach hinein in den halbdunklen Kosmos von Miriam Schäfer und sich verzaubern lassen ...
"Das Original" von John Grisham ist zwar schon seit dem letzten Herbst im Handel, aber seine sonnige Handlung auf einer Sommerinsel macht es zur perfekten Lektüre für die beginnende Outdoor-Saison. John Grisham ist eigentlich Autor bekannter Gerichtsthriller. Einige seiner Werke wurden sogar als Filme zu Blockbustern. Sein aktuelles Werk befasst sich allerdings mit einem gänzlich anderem Sujet: Es geht um Bücher und die Liebe zu ihnen, um das Schreiben und die literarische Welt.
In diesem Schmöker trifft William Gibson auf Jerry Cotton. In einer weit (oder, wie uns manchmal klar wird, vermutlich doch nicht mehr so weit) entfernten Zukunft lebt ein Privatschnüffler, entschuldigung, hier heißt das Quästor, namens Galahad Singh in London. Er betrachtet die Menschen um sich herum mit ausgesuchter Ironie. Eines Abends, als er gerade mitten in seinen geliebten Übungen am Saxophon ist, geht seine Türklingel, und eine Klientin steht vor der Tür...
Der sympatische Taugenichts Konstantin Balthasar von Heerstein lebt in einem alternativen 19. Jahrhundert in einer bescheidenen Pension. Eigentlich ist er wohlhabend, doch von den Eltern verstoßen, da er sein Geld lieber an Spieltischen, für Frauen und Kunst ausgibt, anstatt es zu sparen. Chronisch pleite und doch stets gut gelaunt bestreitet er mehr schlecht als recht sein Leben. Eines Tages geschieht ein Wunder, das in Gestalt eines gutmütigen Anwalts in sein jämmerliches Dasein tritt ...
Darf man ein kleines Opfer in Kauf nehmen, um ein großes zu verhindern? Diese Frage begleitet die Menschen seit der Antike, und bis heute gibt es darauf wohl keine befriedigende Antwort. Das alte moralische Dilemma ist auch der Schlüssel zu einer Mordserie, die Axel Steen, Kommissar der Kopenhagener Polizei, im vierten Band der Krimireihe aufzuklären versucht - was die Leser, natürlich, erst am Ende der Geschichte erfahren. Bis dahin werden sie allerdings äußerst gut unterhalten. "Aisha" ist spannend, glaubwürdig und atmosphärisch - und damit genau richtig für gemütliche Lesestunden auf dem Sofa.
Vincent Van Gogh tat es, Oscar Wilde tat es, Aleister Crowley und Charles Baudelaire ebenfalls: Sie alle tranken Absinth. Der wermuthaltige Schnaps war um die vorletzte Jahrhundertwende vor allem bei Künstlern und Literaten sehr beliebt, bevor er wegen angeblicher Nebenwirkungen vom Markt verschwand. Dem mysteriösen Getränk, das wegen seiner Farbe auch "grüne Fee" genannt wird, hat der Art-Skript-Phantastik-Verlag eine phantastische Anthologie gewidmet, die ein berauschendes Lesevergnügen verspricht.
Im Dreiländereck zwischen Hessen, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen gelegen, bietet der Westerwald auch heute noch abgelegene Dörfer und Bauernkaten zwischen Hügeln und Tälern, Bergen und Flüssen, Seen und den namensgebenden Waldgebieten. Eine malerische und eher ruhige Gegend, die wie geschaffen ist für Märchen und Legenden. Michaela Abresch hat mit ihrem neuesten Werk dem bestehenden lokalen Sagenschatz einige kriminell gute Geschichten hinzugefügt.
Wer skandinavische Krimis mag, kann mit "Kreuzschnitt" nichts falsch machen. Eine klare Sprache, ein tragischer Ermittler und ein lang gehütetes Geheimnis ergeben in dieser Neuerscheinung, der Erstling des ehemaligen norwegischen Werbetexters Borge, die Zutaten für einen echten Pageturner.
Ein Roman in bester Film-Noir-Tradition: In den Wirren des spanischen Bürgerkrieges versucht ein Agent namens Lorenzo Falcó 1936, seinem Job nachzugehen: Er erfüllt Aufträge für seinen Chef, ganz gleich, was dieser von ihm verlangt. Er tötet und spioniert mal für diese, mal für jene Partei. Falcó ist gut, einer der Besten. Sein Leben ist eine endlose Aneinanderreihung von Hochspannungsmomenten, die er sehr genießt. Der Agent ist süchtig nach diesen Kicks, leidet aber gleichzeitig unter Kopfschmerzattacken, raucht Kette und trinkt. Zum Spannungsabbau geht er in alter James-Bond-Tradition mit jeder Frau ins Bett, die nicht schnell genug nein sagt.