Omnia „Prayer“

Omnia Prayer Rezension Pagan Folk
Das Cover von "Prayer" verdeutlicht die Verspieltheit der neuen Omnia-Scheibe

Die fünf umtriebigen Folkmusiker aus den Niederlanden können mittlerweile auf zwanzig Jahre Künstlerdasein zurückblicken und haben ihre gesammelte Erfahrung in ihr elftes Album einfließen lassen. Dabei gelingt der Band das Kunststück, ihrem ureigenen Stil treu zu bleiben und gleichzeitig vielstimmige neue Klangräume zu betreten. Das Ergebnis ist ein gelungenes und absolutes hörenswertes Stück Musikgeschichte in bester folkiger Erzähltradition.

Als die Pagan Folker vor Jahren ihr experimentelles und anspruchsvolles Album „Wolf Love“ veröffentlichten, horchten Kritiker aller Sparten auf. Selbst im Klassikradio wurde das facettenreiche Album besprochen – allein: Die wohl wichtigste Zielgruppe, die Fans, verschmähten das Werk vielfach. Um diesen Fehler nicht zu wiederholen, veröffentlichte die Band danach Alben, die dicht an den bereits bekannten Erfolgen anknüpften. Das freute die Fans, aber in die Rezensionen der Feuilletons kamen Omnia damit nicht mehr. Mit „Prayer“ ist ihnen jetzt der Kompromiss gelungen: Die Musiker haben gemeinsam mit vielen Gastmusikern ein fantasiereiches, kraftvolles Album voller bunter Facetten aufgenommen, durch das sich der Omnia-Spirit wie ein roter Faden zieht.

Wer beim Albumtitel allerdings an stille, katholische Gebete denkt, könnte nicht weiter vom Grundtenor der Musik entfernt sein. Es geht um die die rituellen, rhythmischen Gebete von Naturvölkern, um Naturmenschen, Rebellen und Andersdenkende. Die meisten Songs auf Prayer sind konsequent tanzbar, nur die Ballade „Harp of Death“, das verspielte „For Alice“ - eine Anspielung auf Alice im Wunderland – sowie das melancholische Endstück „Augueries of Innocence“ fallen durch ihre langsamere Rhythmik aus dem Rahmen. Der Rest ist mischt gute Laune und schnelle Melodien mit jeder Menge verspielter Kreativität.

Genaues Hinhören wird belohnt: Viele der Songs erhalten erst zur Mitte der Spielzeit eine zusätzliche Dimension, wenn zum Beispiel Gesang, wie in „God's Love“, das Klangbild verändert. Garniert von Soundsamples laden Omnia ein zu einer musikalische Reise in den Orient („God's Love“), zu den Steppenvölkern in die Mongolei („Mongol“), in die Bretagne („Wolf An Dro“), nach Spanien („Alan Lee Tango“) und zu den mystischen Beschwörungen der Naturvölker („Blood and Bone“, „Prayer“). Bei aller musikalischen Vielfalt haben sie immer die typischen Omnia-Instrumente im Gepäck: Didgeridoo, Harfe, Drehleier, Drums und ein elektronisches Klavier. Garniert wird das bunte Instrumentarium mit dem gekonnt zweistimmigen Gesang von Jenny und Steve sowie jeder Menge eigenwilliger Soundsamples. Einzig der Freedom Song, der gegen die Übermacht der Konzerne ansingt, klingt bereits bekannt, denn er kopiert ältere Omnia-Hits wie „Earth Warrior“, „I Don't Speak Human“ und „Dance Until We Die“. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass man gerade diesem Anti-Establishment-Song mit seiner einfachen Melodie, der viel zu simplen Message und seinen ,Hey yeah'-Text seine kommerzielle Struktur und Radiotauglichkeit nicht abstreiten kann.

Die Gesamtmischung auf Prayer wird Musikliebhaber, Omnia-Fans, Kritiker und Gute-Laune-Jünger gleichermaßen überzeugen. Im Player kann das Album, passend zum sonnigen Spätsommer, konstant durchlaufen, ohne langweilig zu werden. Wer die Scheibe schließlich so oft gehört hat, dass er die Texte auswendig kann, dem steht noch eine weitere Dimension der Musik offen: Mitsingtauglich ist „Prayer“ nämlich auch noch.