Qntal: IX - Time Stands Still

Albumcover der CD Qntal: IX - Time Stands Still
Qntal: IX - Time Stands Still

Ein Album voller Atmosphäre, Elektronik und angenehmer Überraschungen: "Time Stands Still" ist ein Werk für alle, die gerne träumen.

Es ist wohl eines der bekanntesten Mottos für den Winter: Time stands still. Und auch wenn der coronabedingte Stillstand der letzten Jahre mittlerweile überwunden scheint, so passieren im Winter doch auch ganz traditionell einfach weniger Dinge.

Kein Wunder also, dass auch die Musik auf dem neuesten, dem neunten, Werk der Münchener Mittelalter-Elektroniker von Qntal vorzüglich  zu der ruhigen Jahreszeit passt.

Ganz jung sind Michael Popp und Sängerin Sigrid Hausen mittlerweile ja nicht mehr, und so fehlt dem Album erwartungsgemäß der Schwung, der die Musik in den 90ern getragen hat. Dafür spricht aber eine Menge Erfahrung, Weisheit und natürlich auch kompositorisches Können aus den elf neuen Stücken.

Wer die physische CD erwirbt, kann im Booklet nachlesen, dass die verwendeten Texte alle weit zurückreichen – sie fußen auf Überlieferungen aus dem keltische Irland genauso wie aus verschiedenen Jahrhunderten des Mittelalters bis hin zu England des 19. Jahrhunderts.

Bereits der Opener, „Winterly Waves“, bereitet auf sanften Schwingen die Bühne für das folgende Gesamtkunstwerk. Gleichzeitig verbreitet er gekonnt die für den Winter typische verträumt-melancholische Stimmung - und erhält zum Ende durch das verstärkte Einsetzen elektronischer Elemente eine neue Richtung.

Ein wenig mehr Elektronik, ein bisschen mehr Mut zum Bruch hätte dem folgenden Track, „Fontanas“, vielleicht ebenfalls gutgetan. So bleibt er im Vergleich ein wenig blass. Gleiches gilt für die Coverversion von „Don't Fear the Reaper“, die in ihrer konsequenten Ruhe und Langsamkeit überrascht. Beides sind dennoch schöne Stücke, die sich vor allem zum Nebenbeihören vor dem Kamin an einem kalten Abend wunderbar eignen.

Qntal überraschen mit deutlicher Elektronik und Hang zum Experimentellen

Klar auf die Tanzfläche zielt hingegen „Quis est Deus“, das einen durchgängigen Beat mit Sigrids Sopran kombiniert und zwischen stampfenden und ruhigen Passagen hin- und herwechselt. Zeit zum Verschnaufen bleibt beim anschließenden „Dancing with the Daffodils“, das sowohl textlich als auch von der Melodie her unweigerlich in Märchenwelten entführt. Selbst die Elektronik fügt sich harmonisch in das Gesamtwerk ein. Ein sehr typischer Qntal-Song, der sicherlich für Begeisterung unter den Fans sorgen wird.

 

Etwas in eine andere Richtung geht „L'on Dit Q'amors Est Dolce Chose“ nicht nur wegen der französischen Sprache, sondern auch aufgrund der folkigen Gesamtanmutung. Hier scheinen bewusst Anklänge an die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts gesetzt worden zu sein. Wieder elektronischer und auch sperriger wird es dann bei „Mich Fing die Minne“ – ein Track, der aufgrund seiner Kontraste unweigerlich aufhorchen lässt. Spannend auch die Verwendung eines maschinell anmutenden Klangteppichs!

 

„Black Byrd“ ist eindeutig ein trauriges Klagelied, in dem die elektronische Untermalung zur Verstärkung der Gesamtatmosphäre dient - und die sich, genau wie die Musik trotz des ruhigen Tempos gekonnt steigert.

Fröhlich und folkig wird es dann wieder mit „Morungens Liebeslied“ – ein nette Uptempo-Nummer, zu der es sich bestimmt vortrefflich tanzen lässt. Experimenteller wird es bei „O Welt“, das gekonnt Text und Melodie miteinander spielen lässt. Qntal beendet die Reise in fremde Welten mit dem ruhigen und sehr harmonischen „Time stands Still“, das aber auch noch einmal mit einem interessanten elektronischem Bruch aufwartet. Abschließend wird das Album mit dem Geräusch tickender Uhren beendet.

Qntal: lebendig und verspielt wie selten

„Time Stands Still“ ist entgegen dem Titel ein sehr lebendiges und atmosphärisches Album, das die Winterzeit wunderbar untermalt. Mehr als so manches Qntal-Album bisher scheint der 9. Streich der Münchener Mittelaltermusiker wie aus einem Guss. Wer dem Winter entfliehen möchte, hat mit „Time Stands Still“ ein sehr schönes Stück Mittelalter-Avantgarde zur Hand, das sich gut zum Fortträumen eignet. Interessanterweise werden mit dieser Musik aber auch alle bedient, die dem Winter einen neuen Soundtrack unterlegen möchten.

 

Vielleicht liegt es an dem deutlicheren Elektronica-Einsatz - oder an dem Einfluss diverser Gastmusiker*innen? Jedenfalls ist „Time Stands Still“ ein Werk, das mehr denn je dazu einlädt, es mit eigenen Ideen, Gedanken und Intuition zu füllen. Das macht es nicht nur generell wertvoll, sondern auch zu einem der besten Qntal-Alben bisher. Bitte mehr davon!

Mehr zu den Künstlern und dem Album unter qntal.de

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