Noch vor einigen Jahren wäre ich nie auf die Idee gekommen, alte Bücher von mir einfach von vorne bis hinten noch mal zu lesen – ich kannte doch die Geschichte bereits! Dabei gibt es viele Bücher, gerade aus meiner Kindheit und Jugend, die ich damals sehr geliebt habe, und die auch heute noch Ehrenplätze in meinem Bücherregal einnehmen. Vielleicht, so dachte ich, taugten die alten Klassiker noch als Inspiration, ein Absatz daraus als Zitat oder ein Kapitel zum Wecken von Erinnerungen. Aber das ganze Werk nochmal lesen – nein, das kam für mich nicht in Betracht.
von Katja Angenent
Dann besuchte ich ein Seminar, für das wir im Vorfeld Bücher aussuchen und mitbringen sollten, die wir schon lange noch mal lesen wollten. Mir fiel die Auswahl erstaunlich schwer. Ich stellte fest: Es gab ja so viele mögliche Kandidaten! Und auch, wenn ich mich letztendlich für Werke entschied, die ich erst recht kurz zuvor gelesen hatte, so war die Runde, in der wir alle dann schließlich die so geschätzten Werke vorstellten, so emotional und so bereichernd, dass ich mir vornahm, von da an wirklich gute Bücher mindestens zwei Mal zu lesen. Es macht nämlich unheimlich viel Spaß, sich den Schätzen zu widmen, die sich im Laufe des bisherigen Lese-Lebens angesammelt haben. Waren es schon im ersten Lesegang tolle Stunden, so bringt eine zweite Lektüre manchmal noch ganz andere Facetten der Texte zum Vorschein.
Gute Bücher lesen macht gute Laune!
Dann besuchte ich ein Seminar, für das wir im Vorfeld Bücher aussuchen und mitbringen sollten, die wir schon lange noch mal lesen wollten. Mir fiel die Auswahl erstaunlich schwer. Ich stellte fest: Es gab ja so viele mögliche Kandidaten! Und auch, wenn ich mich letztendlich für Werke entschied, die ich erst recht kurz zuvor gelesen hatte, so war die Runde, in der wir alle dann schließlich die so geschätzten Werke vorstellten, so emotional und so bereichernd, dass ich mir vornahm, von da an wirklich gute Bücher mindestens zwei Mal zu lesen. Es macht nämlich unheimlich viel Spaß, sich den Schätzen zu widmen, die sich im Laufe des bisherigen Lese-Lebens angesammelt haben. Waren es schon im ersten Lesegang tolle Stunden, so bringt eine zweite Lektüre manchmal noch ganz andere Facetten der Texte zum Vorschein.
Wir wissen ja alle: Gute Bücher lesen macht gute Laune! Also sind ausgesuchte Re-reads sozusagen Gute-Laune-Garantien. Und weil ich noch viele Werke aus meiner Kindheit und Jugend besaß, mich aber an die Details kaum noch erinnerte, begann ich damit, sie nach und nach noch einmal zu lesen. Da ich währenddessen die eine oder andere Überraschung erlebte, möchte ich die jeweiligen Titel und meine Eindrücke beim zweiten Lesen kurz vorstellen. Vielleicht wecken die Bücher auch bei euch Erinnerungen, oder ihr findet Inspiration für zukünftige Lesestunden. Denn auch wenn hier auf NRW Alternativ vor allem Neuerscheinungen besprochen werden, so müssen ja gerade Bücher durchaus nicht immer neu sein. Hier kommen also einige ausgewählte Re-reads meiner persönlichen Kinder- und Jugendlektüre. So viel sei vorab verraten: Nicht bei allen hat sich das erneute Lesen gelohnt ...
Astrid Lindgren: Ronja Räubertochter
Schon als Kind haben mich Piraten- und Räubergeschichten fasziniert, und zumeist tun sie das auch heute noch. Grund genug also, mich einem echten Klassiker erneut zu widmen, den ich als Kind irgendwann zuletzt gelesen hatte. Ich erinnerte mich vor dem Wieder-Lesen noch an einen unheimlichen Wald und an ein wildes Mädchen. Ich erwartete also eine Abenteuergeschichte, war aber überhaupt nicht traurig, als sich das Thema dann als echte Freundschaftsgeschichte entpuppte. Astrid Lindgrens Sprache hat mich beim Wiederlesen enorm beeindruckt: Ihre schlichten Sätze sagen mitunter so viel aus und sind so viel poetischer als vieles, was ich in Erwachsenenlektüre lesen durfte. Auch für Erwachsene ist „Ronja Räubertochter“ unbedingt zu empfehlen!
Steve Jackson und Ian Livingstone: Das große Fantasy-Abenteuer-Spielbuch
Abenteuer-Spiel-Bücher erleben ja nicht ohne Grund seit einigen Jahren ein Revival. Diese Werke, bei denen die Lesenden den Verlauf der Geschichte spielerisch mitbestimmen können, habe ich als Kind geliebt, weil ich nicht nur eine spannende Geschichte hautnah erleben, sondern sogar eine Rolle darin einnehmen konnte. Die Abschnitte sind in diesen Büchern mit Nummern versehen und am Ende jedes Abschnitts gibt es in der Regel eine Entscheidung, die man treffen kann, zum Beispiel, ob man sich versteckt oder die Auseinandersetzung sucht, ob man den rechten oder den linken Pfad einschlägt oder wie genau die Antwort lautet, die man einem Fremden gibt. Es stehen immer mehrere Abschnitte zur Auswahl, und je nach Entscheidung verläuft die Handlung anders.
Bei Fantasy-Büchern geht es zumeist darum, aus einem Dungeon zu entkommen oder das Monster zu besiegen. Ich erinnere mich aber auch daran, dass es Abenteuer- oder Gruselgeschichten gab. Mehr zum Genre der Spiele-Bücher an sich verrät auch Wikipedia.
Die Fantasy-Spiel-Bücher von Steve Jackson und Ian Livingstone sind mir besonders im Gedächtnis geblieben, weil sie in verschiedenen Auflagen wieder und wieder den Weg zu mir fanden – sie müssen schon damals enorm erfolgreich gewesen sein, und ich habe, als ich für diesen Artikel recherchierte, gesehen, dass sie just dieser Tage auch wieder neu aufgelegt worden sind (siehe Bild links). Für mein Wiederlesen habe ich mir den oben benannten Sammelband beschafft. Im Handel ist er so leider nicht mehr erhältlich.
Leider war die erneute Lektüre in diesem Fall enttäuschend: Ich stieß auf eine Menge unlogischer Geschichten mit völlig unvorhersehbaren Wendungen wie jene nach der Wahl zwischen verschiedenen Türen, die sich durch nichts erkennbar unterschieden. Ich nahm also auf's Geratewohl eine und musste im nächsten Abschnitt so etwas lesen wie: „Du hast die falsche Tür geöffnet. Dahinter wartet ein unbezwingbares Monster. Schade, du bist tot.“ Wenn solche toten Enden nicht vermieden werden können, ist das als Spieler sehr frustig. Weder die einfache Sprache noch die lieblosen Zeichnungen vermochten es, mein Spielerlebnis zu verbessern. Heute würde man sagen, die Werke seien schlecht gebalanced. Im Bereich der inaktiven Geschichten gibt es mittlerweile zum Glück besseres – wie die neuen Solo-Abenteuer aus der Welt des Schwarzen Auges. Für Neugierige: Hier gibt es DSA-Soloabenteuer (sind in den unterschiedlichen Produkten des Shops als solche bezeichnet).
Die zweite Lektüre unterscheidet sich meist deutlich von der ersten
Avi: Salz im Haar
Eines meiner absoluten Lieblingsbücher zu meiner Schulzeit war „Salz im Haar“ von Avi (das etwas merkwürdige Pseudonym eines amerikanischen Jugendbuch-Autors). Darin beschreibt er die Atlantiküberquerung einer jungen Engländerin Ende des 19. Jahrhunderts. Sie stammt aus höchsten Kreisen und hat eigentlich überhaupt nicht vor, mit der Mannschaft auch nur das geringste zu tun zu haben. Als sie aber durch einen Zufall zur einzigen Passagiering wird und sich der Kapitän als echtes Ungeheuer entpuppt, fängt sie an, eigene Entscheidungen zu treffen und schlägt sie sich schließlich auf die Seite der Matrosen. "Salz im Haar" ist, nebenbei bemerkt, ein sehr feministisches Buch, weil das Geschlecht der jungen Frau im Laufe der Handlung mehr und mehr verblasst
Ich weiß noch, dass ich das Buch in den Sommerferien im Urlaub gelesen habe, und es mich zutiefst beeindruckt hat. Die Wandlung des Mädchens von der behüteten Oberschicht-Göre hin zu einer mutigen jungen Frau, die ihren eigenen Weg geht, fand ich so großartig, dass ich sogar meiner Mutter das Buch weiterverliehen habe. Auch wenn sie es damals kaum so verschlungen haben kann wie ich, hat auch sie es noch im gleichen Urlaub gelesen und fand es toll.
Beim Wiederlesen wusste ich bei der ersten Erwähnung von Kapitän Jaggery, dass es sich bei ihm um einen zutiefst bösen Menschen handelt. Das war ein sehr merkwürdiges Gefühl, denn zu Beginn kommt er durchaus galant und höflich daher – er scheint der einzige Lichtblick der jungen Lady auf der Reise zu sein. Aber das Unheil nahm auch beim zweiten Lesen seinen Lauf, und obwohl ich noch grob wusste, wie es ausging, war ich am Ende zutiefst bewegt. Aus Erwachsenen-Sicht hätte man die Geschichte noch mehr auserzählen können, aber für Jugendliche ist das Werk offenbar genau richtig - zumindest für alle, die historische Abenteuergeschichten lieben.
Michael Ende: Momo
Auf dieses Buch hatte ich mich ganz besonders gefreut, denn ich erwartete Großes – schließlich ist dieser Klassiker verfilmt worden und wird noch heute immer wieder zitiert. Erinnerungen an meine eigene Lektüre hatte ich nicht.
Aus heutiger Sicht wird recht langsam erzählt - bis überhaupt mal etwas Gravierendes passiert ist die Hälfte des Buches um. Dennoch entfalten die schlichten Worte und Sätze ihren eigenen Zauber, dem man sich nur schwer entziehen kann. Die sprichwörtliche Moral von der Geschicht' hat den Charme, auch heute noch hervorragend auf unsere kapitalistische Gesellschaft zuzutreffen, und den Wandel durch die grauen Herren kann man, allen Klimaschutz-Bemühungen zum Trotz, in jeder größeren Stadt beobachten. Da kommt die Lösung in Form von Meister Hora etwas zu einfach daher.
Momo ist ein Buch, dem man sein Alter anmerkt. Vielleicht schreibt ja mal jemand eine aktuelle Version?
Tonke Dragt: Die Türme des Februar
Die niederländische Kinder- und Jugendbuchautorin Tonke Dragt hat ein Faible für Fantastik und das Rätselhafte. In einem meiner früheren Lieblingsbücher stellt sie die Leserschaft vor ein für Kinderbücher sehr großes Rätsel: Ein Junge findet sich eines Tages an einem verlassenen Strand wieder. Er scheint sein Gedächtnis verloren zu haben. Um herauszufinden, wer er ist und wo er herkommt, muss er sich zwei rätselhaften Türmen nähern, die ihm aber sehr unheimlich sind. Auf dem Weg zur Lösung des Rätsels trifft er weitere geheimnisvolle Gestalten, die ihm auch nur bedingt weiterhelfen können. Als er aber den Tipp erhält, Tagebuch zu führen, bringen ihn rätselhafte Aufzeichnungen auf eine erste Spur.
Bereits als Kind und Jugendliche mochte ich die Bilder des Surrealismus, und ein bißchen wie ein textgewordenes Bild von Margritte hatte ich dieses Buch in Erinnerung. Ich meinte auch noch, mich an das Gefühl des Fremd-Seins in einer fremden Welt zu erinnern. Mit dem Blick der Erwachsenen ist das Buch allerdings nicht mehr ganz so rätselhaft und mystisch. Mit der Lektüreerfahrung zahlreicher Fantasy- und Science-Fiction-Geschichten ist auch schnell klar, was da eigentlich passiert. Dennoch ist das Setting ungewöhnlich und für alle Kinder mit dem Hang zum Unbekannten sicher auch heute noch eine fesselnde Lektüre.