Unterwegs auf der 100-Schlösser-Route: Die Südroute

Frau, die über einen historisch aussehenden Wassergraben schaut. Im Vordergrund ist ein Fahrrad zu sehen.
Stopp beim Schloss Nordkirchen, dem Westfälischen Versailles, wie es auch oft genannt wird.

Lebendige Geschichte mal anders: Die 100-Schlösser-Route ist eine Radroute durch's Münsterland, die in vier separate Rundkurse unterteilt ist. Das kann zunächst ein wenig verwirren, denn die Gesamtroute, die immerhin fast 1.000 Kilometer umfasst, ist nicht in eins befahrbar. Stattdessen überschneiden sich die vier separaten Touren sogar an verschiedenen Stellen – sie sind also offenbar als vier separate Radkurse angelegt worden, werden aber unter einem Dach vermarktet.

Frau auf dem Fahrrad, im Hintergrund ein Schloss.
Der Park rund um Schloss Westerwinkel eignet sich wunderbar zum Radfahren.

Aber wer das einmal verstanden hat, hat die Wahl: Die längste Tour im Norden streift den Teutoburger Wald und hat im eigentlich flachen Münsterland sogar über 800 Höhenmeter zu bieten. Im Westen geht es über die Baumberge, ebenfalls eine hügelige Gegend, und im Osten touchiert die Route das Ruhrgebiet. Doch egal, für welche der Routen man sich entscheidet: Auf dem Nord-, Ost- Süd- und Westkurs radelt es sich auf jeden Fall entspannt von einem Herrensitz zu anderen – egal, ob man mit klassischem Fahrrad oder mit dem E-Bike unterwegs ist. Verkehrsberuhigte Feldwege sind die Hauptstraßen der Route, die außerdem durch Ortskerne und an vielen Cafés und Hofläden vorbeiführt. Gelegenheit zu erholsamen Pausen ist also reichlich gegeben. Als Startpunkt bei allen vier Touren wird Münster genannt, aber es gibt je nach Route viele weitere mögliche Anfänge – von größeren Bahnhöfen bis zu Campingstellplätzen und Hotels. Schließlich sind es alles Rundkurse, und die Route ist zudem auch in beide Richtungen ausgeschildert. Der Hauptbahnhof in Münster ist zumindest für alle, die mit Zug und Rad anreisen, gut erreichbar, und der Einstiegspunkt am entsprechenden Radwegweise der Promenade ist nur wenige Geh- bzw. Radminuten entfernt. Oft wird auch das Schloss in Münster als schöner Beginn genannt. So oder so: Wer alle vier Rundkurse absolviert, hat über 100 herrschaftlich-historische Bauwerke passiert und garantiert die schönsten Seiten des Münsterlandes gesehen.

Unnötiger Zick-Zack-Kurs?

Frau auf einem Fahrrad, im Hintegrund Wasser und Bäume.
Zu Beginn führt der Südkurs der 100-Schlösser-Route ein Stück am Kanal entlang.

Obwohl wir direkt an der Radroute wohnen, haben wir bislang die 100-Schlösser-Route stets gescheut, sahen wir doch beim Blick auf die Karte bereits, dass sie, statt geradewegs von Städtchen zu Städtchen zu führen, in einem teils irrigen Zick-Zack-Muster zwischen den Orten hin- und herführte. Warum sollte so jemand fahren, haben wir uns gefragt, und nur den Kopf geschüttelt. Aber die Neugier blieb: Die Route ist nicht nur bei älteren Radurlaubern sehr beliebt, sondern sogar als ADFC-Qualitätsroute ausgezeichnet.

 

Und dann kam das Wochenende, an dem wir einfach nur ganz entspannt durch's Münsterland radeln wollten. Warum nicht mal auf der 100-Schlösser-Route? Wir haben es ruhig angehen lassen und mit dem kürzesten Rundkurs, dem Südkurs begonnen – der uns gleich in mehrfacher Hinsicht sehr positiv überraschte.

Frau auf einem Fahrrad vor einem herrschaftlichen Gebäude.
Der Südkurs der 100-Schlösser-Route führt hinter Drensteinfurt auch an Haus Borg vorbei, das sich bis heute in Privatbesitz befindet.

Wir fahren gerne und viel Rad, und wir kennen große Teile des Münsterlandes – das dachten wir zumindest, als wir begonnen, den Südkurs der 100-Schlösserroute zu befahren. Er ist der kürzeste der vier Runden und vielleicht auch der entspannteste. Mit seiner 210 Kilometer langen Strecke ist es dennoch ratsam, mindestens eine Übernachtung einzuplanen, entspannter sind zwei. Buchen Sie die Übernachtung unbedingt im Voraus, denn nicht alle der teils recht kleinen Städtchen und Dörfer weisen überhaupt Hotels oder Pensionen auf, und wenn, können die im Sommer schnell ausgebucht sein. Wir haben für unsere erste Übernachtung dann auch nicht direkt an der Route etwas gefunden, sondern mussten noch in einen benachbarten Ort fahren – die Extrakilometer sollte man beim Tagespensum auf jeden Fall berücksichtigen. Schließlich gilt es, am nächsten Morgen ausgeruht und fit wieder in die Pedale treten zu können.

Eine Radtour für Geübte und Anfänger gleichermaßen: Tageskilometer ganz nach Geschmack

Ein Baum in einem Park, dabene ein Radwegweiser.
Gut ausgeschildert: Die 100-Schlösser-Route ist unterwegs gut an ihrem grünen Logo auf weißem Grund zu erkennen.

Also rauf auf's Rad und los geht's: Von Münster aus zunächst Richtung Süden. Am Flüsschen Werse entlang bis zum Erbdrostenhof nach Wolbeck und von da aus durch das Örtchen Alverskirchen. Danach geht es in südlicher Richtung weiter nach Albersloh, wo wir die Werse kurz wiedersehen. Über Davensberg radeln wir nach Ascheberg und Drensteinfurt. Spätestens hier sei eine ausführliche Pause empfohlen – wir zumindest freuen uns jetzt auf leckeres Essen und ein kaltes Getränk.

Zu Beginn der Route müssen wir uns zwingen, wirklich der entsprechenden Beschilderung zu folgen und nicht über eine oder mehrere bekannte Pendlerstrecken abzukürzen – aber, und das ist unsere erste Überraschung: das Durchhalten lohnt sich! Wir fahren kreuz und quer über kleinere Feld- und Wirtschaftswege, auf denen uns nur selten andere Radfahrende oder Spaziergänger entgegenkommen, und Autos begegnen wir wirklich kaum. Die meiste Zeit können wir ganz entspannt nebeneinander herfahren und uns gemütlich unterhalten – das ist toll! Die Strecke ist gut ausgeschildert, das grün stilisierte Schloss ist auf allen Radwegschildern leicht zu erkennen. Nur an wenigen Stellen brauchen wir den zusätzlichen Blick aufs Navi, wo wir die GPS-Daten der 100-Schlösser-Route hineinkopiert haben. Allerdings ist es auf diesem Teil der Strecke nicht besonders schattig, rechts und links begleiten uns oft Korn- oder Maisfelder. Im Hochsommer unbedingt an Sonnenschutz und genug zu trinken denken! Aber auch das scheinen die Macher hinter der Route im Hinterkopf gehabt zu haben: In fast jedem Ort, den wir passieren, werden wir durch das Zentrum geführt, und bei all den Einkehrmöglichkeiten trinken wir an diesem Tag vielleicht eher zu viel als zu wenig. Auf jeden Fall kommen wir schließlich sehr entspannt und gut gelaunt in unserem Hotel an.

Von Schloss zur Burg zum Herrensitz zum Herrschaftshof und dann zum nächsten Schloss ...

Am nächsten Tag geht es weiter Richtung Westen. Der Höhepunkt ist der Halt am imposanten Schloss Nordkirchen, dem sogenannten Versailles des Münsterlandes, mit seinen weitläufigen Parkanlagen. Hier lässt es sich mühelos davon träumen, wie früher reiche Menschen bei Festivitäten die vielen Alleen entlangprominierten. Aber auch als weniger Begüterte können wir es vor Ort richtig lange aushalten! Über Selm und Olfen geht es schließlich nach Lüdinghausen, wo uns mit Burg Vischering die wohl schönste Wasserburg des Münsterlandes erwartet. Im gemütlichen Café Reitstall trinken wir Kaffee und essen die berühmte Vischering-Torte – lecker! In Lüdinghausen findet sich auch noch mal eine schöne Übernachtungsgelegenheit.

Frau mit Fahrradhelm, die ins Wasser eines Schlossgrabens schaut, in dem sich das Schloss spiegelt.
Das imposante Schloss Nordkirchen lädt mit seinen weitläufigen Anlagen zu einer längern Pause ein.
Eine Hundestatue aus Stein vor einem herrschaftlichen Gebäude.
Schloss Nordkirchen

Weiter geht es dann Richtung Norden: Über Senden mit dem restaurierten Schloss Senden und Nottuln bis ins malerische Billerbeck. Dort befinden wir uns bereits mitten in den Baumbergen, und die Anstiege machen sich in unseren Beinen bemerkbar. Aber durch eine Pause im hübschen Ortskern gestärkt fahren wir weiter Richtung Havixbeck, und dabei warten nun einige schnelle Abfahrten auf uns, bevor es über die wunderschöne Burg Hülshoff, den Geburtsort der Dichterin Annette von Droste-Hülshoff, wieder nach Münster zurückgeht.


Schloss Nordkirchen

Die einstige Residenz der Fürstbischöfe von Münster zeigt den Reichtum der Männer, die gleichzeitig kirchliche und weltliche Herren waren. Die dreiflügelige barocke Anlage wurde zu Beginn des 18. Jahrhunderts erbaut - beziehungsweise umgebaut: Das Barockschloss war zuvor eine der bestbefestigten Wasserburgen im Münsterland. Heute befindet es sich in der Hand des Landes NRW und ist Sitz der Hochschule für Finanzen.




Burg Hülshoff

Die malerische Wasserburg aus der Renaissance liegt zwischen Havixbeck und Münster und ist heute ebenfalls ein beliebtes Ausflugsziel. Im Garten der Anlage lässt es sich gut spazieren und picknicken, ein Restaurant und ein Museum erlauben den Eintritt ins Gebäude. Das Center For Literature bietet hier seit einigen Jahren außerdem regelmäßig Lesungen, Performances und weitere kulturelle Angebote.

Bild des Gebäudes der Burg Hülshoff mit Wassergraben.
Die Burg Hülshoff bei Havixbeck scheint seit Jahrhunderten im Wasser zu träumen.


Nach den drei Tagen quer durch's Münsterland sind wir nicht nur überraschend erledigt, sondern auch wesentlich entspannter als gedacht. Außerdem haben wir Ecken des Münsterlandes gesehen, die wir, lägen sie nicht am Weg der 100-Schlösser-Route, wohl niemals besucht hätten. Wer nicht aus der Gegend kommt und die Route fährt, um das Münsterland kennenzulernen, sollte gerade bei den größeren Schlössern und Adelssitzen neben der Zeit im Sattel auch genug Zeit für Spaziergänge und Museumsbesuche einplanen – es lohnt sich! Außerdem kann auf den flachen Feldwegen Gegenwind wirklich heftig sein, also auch hier lieber mehr als weniger Zeit einplanen. Ein Reiseveranstalter, dessen Angebot wir zwischendurch gefunden haben, veranschlagt für die Route insgesamt sechs Tage – will man entspannt radeln und Zeit für sämtliche Besichtigungen haben, ist das sicherlich eine gute Idee. Oder man fährt jeweils nur Teilstücke und dann mit der Bahn zurück. Möglich ist das zum Beispiel in Ascheberg, Lüdinghausen oder Billerbeck. Aber Vorsicht: Gerade die kleineren Orte auf dem ersten Stück der Route verfügen nicht über eigene Bahnhöfe.

Ein steinerner Löwe vor einem historisch aussehenden Turm im Hintergrund.
Interessantes Baudenkmal: In Davensberg steht nur noch der Turm der einstigen Davensburg,

Fazit: Schöne Radtour für interessante und entspannte Tage

Ob im Ganzen oder als Teilstück: Der Südkurs der 100-Schlösser-Route ist allen zu empfehlen, die Lust haben auf eine entspannte Radtour durchs Münsterland. Gerade im zweiten Teil der Route ist es allerdings nicht immer nur flach, und Waldstücke wechseln sich mit Feldern ab, während gleich zu Beginn mit dem Dortmund-Ems-Kanal und der Werse Flüsse das Bild prägen. Auf dieser Route begegnet man einigen der beeindruckendsten Schlössern des Münsterlandes, während man entspannt auf größtenteils sehr ruhigen Nebenstraßen dahinradelt. Cafés und Restaurants laden unterwegs zur Rast ein, und Bänke gibt es am Wegesrand ebenfalls reichlich. Was braucht es mehr für eine wunderbare Auszeit?

Wir jedenfalls sind, wie man so schön sagt, angefixt – und planen gleich die nächsten Touren auf der 100-Schlösser-Route. Denn Radtouren sollen für uns im Kontrast zum oft hektischen Alltag vor allem eines sein: Entspannend. Und das ist der Südkurs auf jeden Fall.


 Mehr Infos zur 100-Schlösser-Rote generell:

 

https://www.muensterland.com/tourismus/themen/radfahren-muensterland/radrouten-muensterland/100-schloesser-route/

 

https://de.wikipedia.org/wiki/100-Schl%C3%B6sser-Route

 

Mehr Infos zum Südkurs im Speziellen:

 

https://www.muensterland.com/tourismus/themen/radfahren-muensterland/radrouten-muensterland/100-schloesser-route/100-schloesser-route-suedkurs/

 

https://www.outdooractive.com/de/route/fernradweg/muensterland/100-schloesser-route-suedkurs/51636857/#caml=8ux,1925l6,8jxf0h,0,0&dm=1


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