So war der Mittelaltermarkt in Lienen

Zelte und ein Kettenhemd mit Bewaffnung als Dekoration auf einer Wiese.
Teils liebevoll dekorierte Lager warteten auf dem Mittelaltermarkt in Lienen die Besuchenden.

Am ersten Oktoberwochenende ist in Sachen Mittelaltermärkte in Nordrhein-Westfalen immer noch gut was los, schließlich bringt der Feiertag am 3. Oktober oft noch einen zusätzlichen Markttag. Die kleine Gemeinde Lienen (Kreis Steinfurt, nördliches NRW) war in diesem Jahr seit langer Zeit mal wieder dabei. Den Markt rund um den Barfußpfad organisiert hatte Der Wildwechsel, und leider war das Wetter an zwei von drei Markttagen dem Namen entsprechend ziemlich wild. 

NRW Alternativ war am Freitag, dem Feiertag, vor Ort, um sich die kleine mittelalterliche Veranstaltung einmal näher anzusehen. An dem Tag war der Himmel zwar bedeckt, aber es war trocken.

Das Ambiente war für einen mittelalterlichen Markt auf der einen Seite sehr schön: Mehrere kleinere Wiesen boten Platz für Handwerker, Händler und Lager, zwischen denen die Besuchenden gemütlich umherschlendern konnten. Ein Teich und verschiedene Spielgeräte boten überdies Abwechslung - für's Auge und für die Kinder. Auf der anderen Seite verhinderten diese zeitgenössischen Parkelemente und die dichte Bebauung um die Zelte herum aber von vornherein jede Illusion eines tatsächlich mittelalterlichen Lagers. Da sind Mittelaltermärkte auf Burgen oder an historischen Stätten einfach im Vorteil.

Zelte und Bäume hinter einem Zaun.
Hübsches Ambiente: Der Mittelaltermarkt in Lienen verwandelte die Wiesen um den Ortskern in ein mittelalterlich anmutendes Gelände.

Doch wen das nicht störte, der konnte in Lienen einige schöne Stunden verbringen. Auf der innenstadtnahesten Wiese standen die Versorger. Hier gab es Essen und Trinken. Von Wildschweinbratwurst über vegane Erbsensuppe bis hin zu Crêpes war für jeden Geschmack etwas dabei, und am Nachmittag gab es teils längere Schlangen vor den einzelnen Ständen - der eintrittsfreie Markt wurde offenbar gut angenommen. Leider hatte sich - ein Phänomen, das häufiger gerade auf kleinen Märkten zu finden ist - ein ganz und gar gewöhnlicher Marktwagen zwischen die anderen gemogelt, der offenbar lokal gut verankert war, aber nicht in das historische Ambiente passte. 

Auf dem Weg durch den Park ins Mittelalter

Folgte man dem Weg, stieß man auf zwei Wiesen mit unterschiedlichen Händlerzelten. Hier gab es Schmuck, Kleidung, Dekoartikel, aber auch Schmiedewaren und Alkohol in Flaschen zu kaufen, und auch hier schien das Publikumsinteresse durchaus vorhanden. Dazwischen mischte sich ein kunstvoll geschminkter Bettler, und Musik von den Speellue sorgte für zusätzliche Atmosphäre. Besonders ins Auge fielen eine Reihe von mehr oder weniger gewandeten Besuchern - offenbar erreichte auch dieser kleine Markt in der gemütlichen Ortschaft sein Zielpublikum. 

Menschen auf einer Wiese vor verschiedenen Ständen, im Hintergrund Bäume.
Viel los auf der Wiese mit den Versorgern.
Kinder mit grauen Schwertern aus Schaumgummi vor Zelten und Menschen mit Schilden in Gewandung.
Ausgerüstet mit Schaumgummi-Schwertern durfte der Nachwuchs gegen die "Ritter" antreten - nach jeder Menge verbalem Schlagabtausch der koordinierenden Lagerleute.

Abschließend führte der Weg zu einer Pferdeweide, auf der zahlreiche mittelalterliche Lager ihre Zelte aufgeschlagen hatten. Die Lager bestanden allesamt aus engagierten Hobbyisten, die allerdings - auch das ist üblich für diese Märkte - wenig Ahnung von tatsächlicher museumsreifer Darstellung zu haben schienen. Die sichtbare Zuordnung zu einer bestimmten Mittelalter-Epoche erfolgte an keiner Stelle. Im Gegenteil: Neben netten Dekoelementen wie einem Schandpfahl, einem Display mit verschiedenen Pfeiltypen oder Rüstungsteilen gab es mit modernen Gartenlaternen und Gartenfackeln, verrusten Kupferkessel, Thermoskannen und Plastik auch jede Menge, das garantiert im Mittelalter so noch nicht vorhanden war. Film und Fernsehen geschuldet war sicherlich ein mit schwarzer Schminke bemalter Mann, der sogar Fellstulpen an den Beinen trug und auf jeder Fantasyconvention eine gute Figur gemacht hätte, auf einem Mittelaltermarkt allerdings deplatziert wirkte. Aber die Lagerleute waren gut drauf, plauderten munter mit dem Publikum und erlaubten sogar den Kindern, sie mit Schaumgummischwertern (!) zu attackieren. 

Mittelaltermarkt als Werbung für den Ort

Wen all diese kleinen Widersprüche nicht störten, der konnte am ersten Oktoberwochenende in Lienen eine schöne Zeit verbringen. Vor allem für Familien, aber auch für Jugendliche, die Lust auf alternative Festivitäten hatten, lohnte sich der Ausflug nach Lienen auf jeden Fall. Wer mochte, konnte in wenigen Gehminuten zusätzlich den Teutoburger Wald erreichen und mitten in der Natur zum Beispiel die bekannte Teutoschleife "Holperdorper" entdecken. Vermutlich hat das gelungene Zusammenspiel von Ortskern, Mittelalter und Natur bei dem einen oder anderen zu dem Wunsch geführt, auch abseits vom Mittelaltermarkt einmal Lienen zu besuchen. 

Feld mit Sonnenblumen, Gräsern und Kräutern.
Wenige Gehminuten vom Ortskern Lienen entfernt wartete wunderschöne Natur auf Spazierende.

Der Wettergott war an diesem Wochenende übellaunig gestimmt

Natürlich sind Veranstaltungen, die draußen stattfinden, immer wetterabhängig, und allen, Beteiligten wie Besuchenden, sollte klar sein, dass Anfang Oktober das Wetter wahrscheinlich nicht drei Tage lang Sonnenschein versprechen wird. Das Feiertagswochenende war in diesem Jahr allerdings besonders nass, weil ab Freitagnacht Orkanausläufer über Deutschland hinwegzogen und jede Menge Regen und Sturm mitbrachten. Die Wetterapps warnten teilweise sogar explizit davor, sich in der Natur aufzuhalten. Da wundert es nicht, dass es im Laufe des Wochenendes auch in Lienen an Zelten und Verkaufsständen zu Schäden kam und einzelne Aktive noch vor Marktschluss abreisten. Das ist natürlich besonders schade für einen Mittelaltermarkt, der nach längerer Pause zum ersten Mal wieder stattfinden konnte. Hoffentlich haben die Veranstaltenden Wetterkapriolen mitgedacht und lassen das mittelalterliche Ambiente im nächsten Jahr erneut in Lienen aufleben - dann hoffentlich bei besserem Wetter.