Das beschauliche Soest ist heute aufgrund seiner historischen Bausubstanz ein beliebtes Ausflugsziel. Vor rund 600 Jahren wagte die aufstrebende Hansestadt den Aufstand gegen den
kölnischen Landesherrn - und gewann ihre Unabhängigkeit. Diesem Ereignis, das als "Soester Fehde" in die Geschichtsbücher Eingang gefunden hat, gedenkt die Stadt auch heute noch. Alle zwei Jahre
findet an der historischen Wallmauer die Nachstellung der historischen Ereignisse statt. Dazu gibt es Lagerleben, Musik und Mummenschanz. In diesem Jahr war es in der ersten Augustwoche wieder so
weit - und wieder kamen Reenacter aus 12 Nationen und viele tausend Besucher, um sich das Spektakel nicht entgehen zu lassen.
Flankiert von thematisch abgestimmten Kulturveranstaltungen wie Theateraufführungen, Stadtführungen und Informationsvorträgen gab es am so genannten Fehde-Wochenende. von Freitag, den 2. bis Sonntag, den 4. August, ein buntes Programm. In Soest drehte sich dabei alles um das Spätmittelalter, genauer um die Jahre 1444 - 1449. Es war die Zeit, als sich Soest in einem Anfall von Kühnheit vom Kölner Erzbischof lossagte und stattdessen den Klever Herzog Johann zu seinem Stadthalter ernannte. Der Erzbischof ließ sich das natürlich nicht gefallen und belagerte die Stadt, um sie wieder unter seine Kontrolle zu bringen. Sehr zum Erstaunen heutiger Historiker gelang es dem kleinen Soest mit Hilfe des Klever Herzogs schließlich, die Truppen des Kölners endgültig zu vertreiben. Der Grund dafür dürfte vor allem im fehlenden Nachschub für das große Heer der Belagerer gelegen haben, auch wenn die Soester sich natürlich auf ihren Kampfesmut berufen. Wie dem auch sei, dieses Zeugnis spätmittelalterlicher Eigenständigkeit feierte die Stadt bis heute. Seit 2009 findet die Nachstellung der Ereignisse alle zwei Jahre statt.
Blick in das späte Mittelalter
Rund um die gut erhaltene historische Stadtmauer bauten am ersten Augustwochenende Lagergruppen, Handwerker und Händler ihre Zelte auf. Das schöne Bild an den Wallanlagen passte größtenteils zur dargestellten Zeit um 1450. Für wenige Euro Eintritt konnte man in eine fremde Welt eintauchen. Knechte und Mägde bereiteten das Essen für die Herrschaften, Kämpfer ruhten sich nach ihrem Tagwerk am Lagerfeuer aus, Edelleute zu Pferde ritten durch die Gassen und Gaukler sowie Spielleute unterhielten kleine und große Besucher.
Die Stimmung in den Lagern und bei den Händlern war durchweg entspannt und freundlich. Wer sich interessierte, bekam überall kundige Antworten, durfte anfassen und miterleben. Das Sprachgewirr - neben Deutsch war auch Tschechisch, Polnisch, Niederländisch und mehr zu hören - trug seinen Teil zur Atmosphäre bei.
Das Highlight des Wochenendes war jedoch eindeutig die szenische Darstellung des Sturms auf die Stadt Soest. Karten für die Veranstaltung auf dem Stadtwall waren auch in diesem Jahr sehr begehrt. Wo sonst in NRW lassen sich mehrere hundert Mitwirkende quasi am Originalschauplatz bei der Nachstellung eines historischen Ereignisses bewundern? Die vielen Kämpfer, Musikanten und Bürger wurden allesamt von interessierten Laien dargestellt. Eine beachtliche Leistung des Regisseurs, all diese Menschen so zu koordinieren, dass die Vorstellung bei ihrer beachtlichen Dauer von anderthalb Stunden keine Längen aufwies. Ganz im Gegenteil: Immer gab es etwas zu sehen, überall passierte etwas, und so verging die Zeit der Aufführung wie im Flug.
Mehrere hundert Mitwirkende sorgten zu Pferde und zu Fuß dafür, dass die Darstellung nicht langweilig wurde. Ob Musik und Tanz, die prächtigen Einzüge der verfeindeten Landesherren, der Einsatz von Kanonen und Büchsen, die imposanten Schwertkämpfe, der Pfeilhagel der Bogenschützen, das Läuten der Alarmglocke oder die Rangeleien der Spießgesellen: Hier wurde wirklich für jeden Geschmack etwas geboten. Nach und vor der geschichtsträchtigen Show ließ sich der Tag wunderbar inmitten der historischen Lager verbringen. Die Soester Fehde wurde einmal mehr zum Anlass für ein tolles Fest der Soester und aller Interessierten. Ein schönes Event, dessen besondere Atmosphäre in zwei Jahren sicher wieder den Besuch lohnt.